Mittwoch, 22. August 2018

Arbeitslos - Burnout - Neues Leben


Dieser Mann war arbeitslos, bekam ein Burnout und Dank der Hilfe anderer hat er sich den Weg zurück erkämpft. Ein Beispiel das Mut macht (Artikel):

Etwa vier Millionen Deutsche leiden unter Depressionen. Experten gehen davon aus, dass viele der rund 2,3 Millionen Arbeitslosen nicht arbeiten gehen können, weil Depressionen im Spiel sind. So wie bei Ronald Seidel.

Bin ich depressiv geworden, weil ich meinen Job verloren habe, oder habe ich meinen Job verloren, weil ich depressiv war? Diese Fragen stellt sich Ronald Seidel aus Leipzig nicht mehr. Er weiß: Nur wegen seiner Erkrankung hat er alles verloren. "Ich war mit einem Schlag völlig überfordert, war völlig abgeschlafft", erinnert sich der 48-Jährige. Das, was sich schon lange vorher angestaut hatte, konnte er nicht mehr unterdrücken. Er verlor die Kontrolle über sein Leben.

Alles, was ihm blieb, war sein Auto

Ronald Seidel ließ alles hinter sich: die Wohnung mit allem, was ihm gehört, seine zwei Kinder - er war außerstande, den Kontakt zu ihnen zu halten. Auch seine Firma ließ er im Stich. Gerade noch Chef von zehn Mitarbeitern, wurde er obdachlos. Zwei Jahre lang hat er im Auto gelebt.
Ich habe entschieden, meine Wohnung zu verlassen, mich ins Auto zurückzuziehen und einfach nichts mehr zu tun. Es war ein totaler Abschluss mit meinem Umfeld. Ich wollte nichts mehr hören, nichts mehr sehen und nichts mehr wissen. Ich habe im Auto gegessen und geschlafen und darin meine Zeit totgeschlagen.
Ronald Seidel

Die kleinsten Dinge werden zum Problem

Warten, dass die Zeit vergeht: Solche Schilderungen hört Prof. Ulrich Hegerl von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe regelmäßig von seinen Patienten. "Wenn man in die Depression gerät, dann werden kleinste Dinge zu einem Problem", sagt er. "Man kann sich nicht aufraffen, die Zähne zu putzen, nicht telefonieren. Oft sind die Menschen nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen."
 

Nach erfolgreicher Behandlung wieder handlungs- und arbeitsfähig

Auch Ronald Seidel war psychisch krank. Deshalb konnte er auch nicht mehr arbeiten. Seine Jobvermittlerin erkannte, dass er möglicherweise ein psychisches Problem hat. Sie bot ihm ein psychosoziales Coaching mit einer Diplom-Psychologin der Uni-Klinik Leipzig an. Dabei erfuhr er zum ersten Mal, dass er in diese ausweglose Situation geriet, weil er krank war. "Herr Seidel kam mit Depressionen und mit einer Angstsymptomatik zu uns", erklärt Anja Kästner von der Psychiatrischen Klinik der Universität Leipzig.

Erst nachdem es Ronald Seidel geschafft hatte, seine Depression in den Griff zu bekommen, stand er auch dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung – und fand prompt einen Job. Sieben Jahre nach seinem Absturz ist Ronald Seidel wieder zurück im Leben. Sogar den Kontakt zu seinen beiden Töchtern hat er wiederhergestellt. Das ist für ihn das Wichtigste.
Menschen mit psychischen Erkrankungen, Langzeitarbeitslose in Behandlung zu bringen, das ist für mich der größte Verbesserungsspielraum und der effizienteste Ansatz, um die Situation zu verbessern.
Prof. Ulrich Hegerl | Stiftung Deutsche Depressionshilfe  
Sie haben Selbsttötungsgedanken oder eine persönlichen Krise? Die Telefonseelsorge hilft Ihnen rund um die Uhr: 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222. Der Anruf ist anonym und taucht nicht im Einzelverbindungsnachweis auf. Auf der Webseite www.telefonseelsorge.de finden Sie weitere Hilfsangebote, zum Beispiel per E-Mail oder im Chat.

Quelle: https://www.mdr.de/brisant/wenn-depressionen-die-kontrolle-uebernehmen-100.html

Weg aus dem Burnout finden


Tolles Beispiel wie sich ein Burnout als nützlich erweisen kann (Artikel):

Wenn in Stefan Mais Leben etwas nicht so läuft wie geplant, wenn seine Pläne durchkreuzt werden, dann hat er einen Standardsatz, der ihm durch den Kopf geht: „Jetzt bin ich aber mal gespannt, wofür das wieder gut ist.“
Dass Dinge, die ganz und gar nicht gut sind, dennoch ihr Gutes haben, hat er schmerzhaft gelernt. Mai arbeitete als Wirtschaftsinformatiker lange Jahre in derselben Firma, als der Einbruch kam. Er war völlig ausgebrannt und bekam Depressionen. Im Rückblick sagt er heute: „Ich hatte ein Helfersyndrom.“
In Klinik und Reha einiges gelernt
Damals aber wusste er erst einmal nicht mehr weiter. Fast acht Monate fiel er wegen Krankheit aus. In Klinik und Reha aber hat er einiges gelernt, nicht nur die Kunst Nein zu sagen. „Wenn vieles in unserem Verhalten an der Konditionierung hängt“, dachte er, „dann kann man solche Konditionierungen ja auch ändern.“

Das ist leichter gesagt als getan, dennoch kam ein veränderter Stefan Mai nach acht Monaten in seinen Betrieb zurück. „Und damit konnten die Kollegen nicht umgehen“, erinnert er sich. Es dauerte noch zwei Jahre, dann endete das Arbeitsverhältnis und der damals 45-Jährige stand auf der Straße. Das Einzige, was er zu dieser Zeit mit Sicherheit wusste, er wollte nicht wieder zurück ins alte Schema. Wo der Weg stattdessen hingehen sollte, war ihm noch völlig unklar. „Ich habe gespürt, da wartet noch etwas auf mich“, sagt er heute, aber die Zweifel waren groß.

Was hat ihm letztlich geholfen? Nun da war einmal die Unterstützung seiner Familie. Seine Frau Sabine und die beiden Töchter trugen die kommenden Jahre mit, in denen Mai vor allem Ausbildungen machte. Betriebliches Gesundheitsmanagement war die erste, dann qualifizierte er sich als Stressmanagementtrainer, als systemisch integrativer Coach, als Kursleiter und Ausbilder und er ist NLP-Practitioner. NLP steht für Neuro-Linguistisches Programmieren, Kommunikationstechniken und Methoden zur Veränderung psychischer Abläufe im Menschen.
Neben der Familie hat ihn vor allem seine spirituelle Orientierung getragen, das Bewusstsein, dass es da „eine Macht gibt, die für uns da ist und uns lenkt“. Und so kam für ihn eins zum anderen, während seiner Ausbildungen lernte er immer wieder Menschen kennen „die mich bereichert haben“, erklärt Mai.

2017 selbständig gemacht
2017 machte er sich dann selbstständig. Zwei dieser Menschen sind jetzt seine Kollegen, gemeinsam mit ihnen gründete er sein Unternehmen Benefit mit Standorten in Fulda Nürnberg und Üchtelhausen. Das, was er in seiner schweren Zeit über die Gesundheit gelernt hat, will er weitergeben, egal ob es um die persönliche, betriebliche oder gesellschaftliche Gesundheit geht.
2018 ließ sich Mai noch zum externen Datenschutzbeauftragten zertifizieren, so dass er jetzt auch wieder auf zwei Beinen steht, dem des Datenschutzbeauftragten und im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Im Rückblick sagt Mai heute: „Ich habe diesen Arschtritt vom Leben gebraucht, um etwas Neues anzufangen.“
Daneben kümmert er sich um etwas, dem es ebenso geht wie ihm vor wenigen Jahren noch: Die alte Kirchbergschule scheint am Ende. Als zweiter Vorsitzender des Fördervereins Kirchbergschule kämpft er um deren Erhalt und bemüht sich mit vielen Mitstreitern, dem alten Gemäuer in Üchtelhausen wieder Leben einzuhauchen. Und so ist es nur logisch, dass er sein Büro im ehemaligen Lehrerzimmer der Schule eingerichtet hat. Auch einen Seminar- und Schulungsraum hat er seit diesem Jahr angemietet und eingerichtet. Mit anderen Ehrenamtlichen teilt er den Traum, aus der ehemaligen Schule einen Ort der Begegnung mit Kunst, Kultur und Gesundheitsangeboten zu machen.

Quelle: https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Den-Weg-aus-dem-Burnout-finden;art763,10040129