Mittwoch, 13. Februar 2019

Mit „Du hättest mich nur fragen müssen“ betreten Männer ein Minenfeld


Die Frau organisiert den Haushalt, der Mann arbeitet auf Nachfrage hin zu – dieses weit verbreitete Modell laugt viele Frauen aus. Sie beklagen den „Mental Load“, die totale Überlastung. Sind die unachtsamen Männer schuld?

Stefan hat den Müll nicht runtergebracht. Als seine Freundin Hannah ihn darauf anspricht, verteidigt er sich: „Normalerweise stellst du mir den Müllsack an die Haustür, damit ich sehe, dass ich ihn wegbringen muss.“ Hannah könnte explodieren – jetzt soll sie Stefan auch noch bei seinen wenigen Aufgaben im Haushalt zuarbeiten? Dann könnte sie es genauso gut gleich selbst erledigen.

Sie macht ja eh schon alles andere, zählt sie Stefan auf: Denkt an die Spülmaschinentabs (“Schon wieder alle“), die Handtücher (“Keine frischen mehr da, bald muss ich waschen“), die Babysitterin (“Wollte ich noch für Samstag anfragen!“). Stefan sieht etwas ratlos aus, mit ihrem Ausbruch hatte er nicht gerechnet. Wieso, fragt er Hannah, bittet sie ihn nicht einfach um Hilfe, wenn sie welche braucht?
„Warum hast du mich nicht gefragt?“ - über diese unschuldig-hilfsbereit klingende Frage von Männern regen sich viele Frauen auf. Es gibt sogar einen Comic darüber, die französische Illustratorin Emma hat ihn 2017 veröffentlicht. Er handelt von Frauen, die stets an alles denken und viele Arbeiten vorauseilend übernehmen, und von Männern, die nichts dergleichen tun. Nicht einmal das oft aus Frauensicht Mindeste: zu registrieren, was sie alles nicht tun.

Laut Emma gibt es eine klare Rollenverteilung in den allermeisten Beziehungen und Familien mit Kind. Die Frau ist die „Managerin des Haushalts“, der Mann ihr „Untergebener“. Er übernimmt durchaus Jobs, sie muss sie ihm aber zuteilen. Die unsichtbare Arbeit der Organisation und der Stress, der damit verbunden ist, bleiben ihr überlassen.
Mit dem Comic traf Emma einen Nerv, er wurde dutzendfach auf Blogs, bei Instagram und in Podcasts aufgegriffen. Vor allem aber bescherte die Französin dem öffentlichen Diskurs ein neues Lieblingswort: „Mental Load“ - die Last des Dran-Denkens. Erfunden hat Emma den Begriff nicht, sie schreibt ihn „Feministinnen“ zu. Manchmal taucht er auch unter „Emotional Work“ auf, emotionale Arbeit.
Woher er tatsächlich kommt, lässt sich nur schwer nachvollziehen, wahrscheinlich beruht er auf der „Cognitive Load Theory“. Dabei geht es um die Frage, wie das menschliche Gehirn mit seiner begrenzten Kapazität am besten lernt - indem man es nämlich nicht mit Informationen „überlädt“.

Der Burnout der Frauen

Genau so kann man sich „Mental Load“ vorstellen, als Überlastung. Nicht nur des Gehirns, das mit To-Dos und allen möglichen Überlegungen jonglieren muss, sondern auch des Gefühlslebens. „Es beschreibt einen Zustand der Erschöpfung und Überforderung, ein Gefühl der inneren Ohnmacht“, erklärt die Ärztin Mirriam Prieß, die mehrere Bücher zum Thema Burnout veröffentlicht hat. Eine Diagnose sei „Mental Load“ nicht, aber: „Der Begriff prägt sich im Moment wie damals Burnout.“
Der Unterschied zu Burnout ist, vereinfacht formuliert, das Geschlecht. Frauen haben „Mental Load“, sie erschöpfen sich im Häuslichen. Männer und auch einige Frauen haben Burnout, sie brennen im Job aus. Das Geschlechterverhältnis deckt sich mit den Erfahrungen, die Prieß als Beraterin und Coach gemacht hat. Doch letztlich, sagt die Medizinerin, stecke dahinter ein ähnlicher Mechanismus: „Man will die Ansprüche, die man an sich selbst hat, und die, von denen man meint, die Gesellschaft hätte sie, bis zur Perfektion erfüllen.“
Die Ansprüche, von denen Prieß spricht, sind oft von den eigenen Eltern gelernt. „Gerade, wenn man Kinder bekommt und vielleicht auch zu Hause bleibt, ist man von bestimmten Vorstellungen geprägt. Man lebt viel mehr das, was die eigene Kindheit ausgemacht hat, als das, was man sich eigentlich vorstellt, was der Persönlichkeit entspricht und machbar wäre.“ Früher hat Mutter den Haushalt geschmissen und Vater allerhöchstens ab und zu den Tisch gedeckt? Dann halten es Tochter und Sohn in ihren Familien sehr wahrscheinlich nicht viel anders: Sie kümmert sich, er arbeitet zu.

Das Problem entsteht dann, wenn die Frauen sich das alles ganz anders vorgestellt hatten. Wenn sie lieber eine Beziehung führen würden, in der die Aufgaben gerecht geteilt werden, egal, ob es nun um den Badputz oder die Organisation der Kindergeburtstage geht. Erst recht, wenn die Frauen genau wie ihre Männer einen Job haben. Und wenn sie im Bemühen, alle Ansprüche zu erfüllen, irgendwann vergessen, dass diese Ansprüche nicht ihre eigenen sind.
Bei Burnout-Experin Prieß klingt das so: „Wir müssen mit uns selbst in Beziehung stehen, mit unserem Wesen in Kontakt sein und einen inneren Dialog haben. Viele, die sich erschöpfen, haben den inneren Dialog verloren. Sie reagieren nur noch auf die Außenwelt und haben verlernt, an den richtigen Stellen Ja und Nein zu sagen.“ Das ist es, was so auslaugt.
Hat daran jemand schuld? Die Frage ist Unsinn, und doch beantworten Comic-Zeichnerin Emma und viele Mütter-Bloggerinnen sie auf die gleiche Weise: All das liegt an den Männern. Die doch einfach nur mal ein bisschen mitdenken müssten, sich mehr engagieren sollten! Die nicht immer davon ausgehen können, dass ihre Frauen und Freundinnen sich um alles kümmern werden.
Natürlich stimmt das alles, man darf Männern im Jahr 2019 schon zutrauen, auch mal von selbst darauf zu kommen, Milch einzukaufen oder den Müll zu leeren, wenn er voll ist. Andererseits geht es ihnen ja nicht anders als ihren Partnerinnen, Stichwort Prägung im Kindesalter.

Wieder verzichten lernen

Hinzu kommt laut Prieß aber auch, dass bei vielen Frauen „der innere Dialog, der echte Selbstwert nicht gegeben ist. Sie definieren sich über die Leistung in der Familie, über die Versorgung, über die Kinder. So wie viele Männer, aber auch Frauen sich über die Karriere definieren.“
Damit konfrontiert, reagieren die Frauen oft ähnlich. Sie erzählen der Beraterin, dass sie sich ständig um andere kümmern - weil es ihnen erst dann gut gehe, wenn es den anderen gut geht. „Das Kümmern um den anderen wird dann zum indirekten Kümmern um sich selbst, eine Begegnung findet dabei nicht statt. Für diese Frauen ist das Sich-Kümmern zum Selbstobjekt geworden“, erklärt Prieß. Also einer, vielleicht sogar der einzige Grundstein ihres Selbstwertgebäudes.
„Mental Load“ ist aber auch ein Ergebnis der aktuellen gesellschaftlichen Stimmung, dass alles jederzeit möglich ist, mehr noch: möglich sein muss. Prieß berichtet von einem ihrer Klienten, der genau wie seine Frau in einer Führungsposition tätig sein wollte: „Doch was tut man, wenn das Kind krank wird? Und wenn man gern noch zwei weitere Kinder hätte? Es kam ihm gar nicht in den Sinn, zu hinterfragen, ob das überhaupt so möglich war und er war richtig erleichtert, als er die Überlegung zuließ: Vielleicht geht es so nicht, vielleicht müssen einer oder müssen beide von uns auf etwas verzichten Diese Fähigkeit, sich auf etwas zu konzentrieren und dafür an anderer Stelle zu verzichten, geht immer mehr verloren.“
Und so kommt die Erschöpfung ins Spiel, bei Männern genauso wie bei Frauen. Sie haben, sagt Prieß, einen „narzisstischen Anspruch“: den, mehr zu leisten und zu sein, als sie leisten und sein können.

Quelle: https://www.welt.de/icon/iconista/article187903992/Mental-Load-Wenn-Muetter-und-Frauen-sich-ueberlastet-fuehlen.html

Depression bei Migranten: Online-Programm speziell für arabischsprachige Patienten in Deutschland


Das Online-Selbsthilfe-Programm iFightDepression für Patienten mit leichteren Depressionsformen ist nun auch in arabischer Sprache verfügbar. Das Programm hilft den Betroffenen, ihre Erkrankung besser zu verstehen und zeigt Übungen für den Alltag. Die arabische Version richtet sich insbesondere an Migranten in Deutschland und soll helfen, Sprachbarrieren und Versorgungsengpässe zu überbrücken. „Psychisch erkrankte Flüchtlinge haben es besonders schwer, Hilfe zu finden. Es fehlen Psychotherapeuten und Ärzte, die sie in ihrer Muttersprache behandeln können. Mit der arabischen Version des iFightDepression-Programms wollen wir die Versorgungssituation verbessern und insbesondere Patienten helfen, die sonst gar keine Unterstützung bekommen würden“, erklärt Prof. Ulrich Hegerl von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.
Wegweiser durch deutsches Gesundheitssystem und Übungen für Alltag
iFightDepression ist an die kognitive Verhaltenstherapie angelehnt. Durch Übungen lernen die Betroffenen zum Beispiel, den Schlaf zu regulieren und negative Gedankenkreise zu durchbrechen. Eine gesunde Lebensweise und die Stärkung der psychischen Widerstandskraft (Resilienz) sind ebenso Bestandteil. Hinzu kommt speziell für arabischsprachige Migranten ein Wegweiser zum Gesundheitssystem in Deutschland und Anlaufstellen bei psychischen Erkrankungen. Das Deutsche Bündnis gegen Depression wurde bei der Übersetzung und der kultursensitiven Anpassung durch ein externes Expertengremium unterstützt: „Das Krankheitsbild der Depression ist im arabischen Kulturkreis ein anderes“, erläutert Weam Jalbout, Mitglied im Expertengremium und Assistenzarzt in der Transkulturellen Institutsambulanz LVR-Klinikum Düsseldorf. „So werden für Europäer typische Depressionssymptome wie Interessenlosigkeit und Antriebslosigkeit im arabischsprachigen Raum anders zum Ausdruck gebracht: Es werden eher körperliche Symptome wie eine Beeinträchtigung des Schlafes, der Energie und des Körpergefühls empfunden. Patienten erleben und beschreiben dies zusammengefasst wie eine große Erschöpfung. Zudem ist es im arabischen Kulturkreis nicht angesehen, persönliche Probleme und Gefühle einem Menschen außerhalb der eigenen Familie preiszugeben“, so Jalbout weiter. Vor diesem Hintergrund wurden die Übungen im iFightDepression-Programm an diese kulturellen Besonderheiten angepasst.
Begleitung durch Arzt, Psychotherapeuten oder Fachpersonal in Flüchtlingshilfe
Studien belegen die Wirksamkeit von Online-Programmen vor allem dann, wenn sie professionell, z.B. vom Hausarzt, begleitet werden. Dann sind Online-Angebote ebenso wirksam wie eine reguläre Psychotherapie. Vor diesem Hintergrund ist iFightDepression nur für Patienten zugänglich, die dabei professionell begleitet werden. Als Begleiter des iFightDepression Tools in arabischer Sprache können sich Ärzte, Psychotherapeuten und Fachpersonal aus der Flüchtlingshilfe qualifizieren. Nachdem sie ein CME-zertifiziertes kostenfreies Online-Training durchlaufen haben, können sie Patienten zur Nutzung einladen. Das iFightDepression Tool ist sowohl für Fachpersonal als auch für Patienten kostenfrei. Hegerl betont aber auch, dass Online-Programme Grenzen haben: „Digitale Hilfen sind nicht für schwere Depression geeignet. Es wäre fatal zu glauben, dass ein Online-Selbstmanagement-Programm dann eine ausreichende Behandlung darstellt“, so Hegerl.
Kostenfrei in elf weiteren Sprachen verfügbar
iFightDepression ist auch auf Deutsch und in 11 weiteren Sprachen verfügbar.
Mehr Informationen: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/unsere-angebote/fuer-aerzte-und-psychologen/ifightdepression
Gefördert wurde die arabische Sprachversion von SKala – eine Initiative der Unternehmerin Susanne Klatten in Partnerschaft mit dem gemeinnützigen Analyse- und Beratungshaus PHINEO. SKala fördert bis zum Jahr 2020 etwa 100 gemeinnützige Organisationen mit insgesamt bis zu 100 Millionen Euro in den Bereichen Inklusion und Teilhabe, Engagement und Kompetenzförderung, Brücke zwischen den Kulturen sowie Katastrophenhilfe. Unterstützt werden ausschließlich Organisationen, die gegenüber PHINEO eine große soziale Wirkung nachgewiesen haben.
wissenschaftliche Ansprechpartner:
Iris Alt M.A.
Projekt „Neue Impulse, Bewährtes umsetzen (NIMBUS)“
Deutsches Bündnis gegen Depression e.V.
Universitätsklinikum Leipzig AöR
c/o Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Semmelweisstraße 10, Haus 13
04103 Leipzig
Tel: 0341/97-24541
iris.alt@medizin.uni-leipzig.de

Quelle: https://medizin-aspekte.de/105914-depression-bei-migranten-online-programm-speziell-fuer-arabischsprachige-patienten-in-deutschland/
Beruflich wie privat permanent an der Grenze seiner Kräfte zu sein: Das kennen viele. Was tut man, wenn man merkt, dass alles zu viel wird?Einen Brief zur Post bringen, einen Arzttermin ausmachen, Schuhe zum Schuster bringen: Selbst für diese kleinen Aufgaben könne sie keine Energie aufbringen, weil sie sich von der Arbeit ausgebrannt fühle, schrieb die Journalistin Anne Helen Petersen im Jänner auf dem US-Medienportal "Buzzfeed". Sie sprach damit offenbar vielen aus der Seele: Der Artikel wurde in den sozialen Medien tausendfach geteilt. Überforderung und Erschöpfung sind Gefühle der Zeit. Das liegt daran, "dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen", sagt Christina Beran, Arbeitspsychologin in Wien. Umfragen zeigen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer häufig auch in ihrer Freizeit für den Job erreichbar sind und auch nach Feierabend E-Mails checken. "Der Leistungsdruck steigt."Sich im Job zu verausgaben, sagt Beran, ist zunächst nichts Schlechtes. Tut man es jedoch über einen längeren Zeitraum, macht es krank, wie auch die "Buzzfeed"-Journalistin erfahren hat. "Man muss immer wieder zur Ruhe kommen", so die Psychologin. Wichtig seien regelmäßige Pausen im Arbeitsalltag, am besten stündlich, in denen man eine Runde ums Haus geht, sein Mittagessen auf einer Parkbank isst "oder einfach nur ein Loch in die Luft starrt."Ein Loch in die Luft starrenDas sagt auch Alexandra Schosser, Psychotherapeutin und ärztliche Leiterin des Zentrums für seelische Gesundheit in Wien-Leopoldau. Nach Feierabend und am Wochenende solle man sich, anstatt weiterzuarbeiten, mit Menschen umgeben, die einem guttun, Dinge unternehmen, die einen ablenken. "Bei dem einen ist es vielleicht ein Ausflug in die Natur, der andere nimmt ein langes Bad. Wichtig ist, für sich selbst herauszufinden, wie man am besten abschalten kann." Davon, in der Freizeit einen Termin nach dem anderen auszumachen oder Hochleistungssport zu betreiben, rät Schosser entschieden ab. "Das erzeugt noch mehr Druck." Jenen, die sich schwertun, die Ruhe auszuhalten, empfiehlt Psychologin Beran, "ein wenig in der Wohnung herumzuräumen. Auch das entspannt." Wichtig sind jedenfalls analoge Tätigkeiten. Denn ein Grund, warum sich viele erschöpft fühlen, ist die digitale Reizüberflutung. "E-Mails und Social Media versetzen unser Gehirn in einen ständigen Alarmzustand", sagt Beran. Deshalb: In Leerlaufzeiten, etwa beim Warten auf den Bus, nicht sofort das Handy aus der Tasche holen. Nach der Arbeit solle man, anstatt E-Mails zu checken, das Handy lieber abschalten, "und zwar nicht auf Vibration, sondern wirklich auf Flugmodus". Was ist wirklich wichtig?Schosser empfiehlt außerdem, sich hinzusetzen und aufzuschreiben: "Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Was sind Stressfaktoren für mich im Alltag, wo kann ich reduzieren, weniger machen?" Unwichtiges gilt es radikal von der To-do-Liste zu streichen. Größere Ziele geht man anschließend am besten langsam an. "Nicht alles auf einmal, sondern eines nach dem anderen." Für Erfolg kann man sich ruhig auch einmal selbst loben. Wer sich nicht permanent mit anderen vergleicht und die Ansprüche an sich selbst zurückschraubt, lebt gesünder. "Das Problem ist, dass wir immer perfekt funktionieren wollen, im Job wie im Privatleben", sagt Schosser. "Wir sind aber keine Maschinen, können nicht immer in allen Bereichen hundert Prozent und mehr geben." Oft sind verinnerlichte Muster der Grund für die Überforderung. Sie zu ändern, sei allein schwer, dafür brauche es zumeist die Unterstützung eines Arztes, Psychologen oder Therapeuten. Sie sollte man auch spätestens dann aufsuchen, wenn man nicht mehr ein- und durchschlafen kann, energielos ist und bei der Arbeit unkonzentriert.Bringt man es nicht mehr fertig, zur Post oder zum Schuster zu gehen: Dann ist es ebenfalls höchste Zeit, sich professionelle Hilfe holen, sagen die Expertinnen. Sonst geht bald gar nichts mehr. - derstandard.at/2000097824392/Rezepte-gegen-Millennial-Burnout
Beruflich wie privat permanent an der Grenze seiner Kräfte zu sein: Das kennen viele. Was tut man, wenn man merkt, dass alles zu viel wird?Einen Brief zur Post bringen, einen Arzttermin ausmachen, Schuhe zum Schuster bringen: Selbst für diese kleinen Aufgaben könne sie keine Energie aufbringen, weil sie sich von der Arbeit ausgebrannt fühle, schrieb die Journalistin Anne Helen Petersen im Jänner auf dem US-Medienportal "Buzzfeed". Sie sprach damit offenbar vielen aus der Seele: Der Artikel wurde in den sozialen Medien tausendfach geteilt. Überforderung und Erschöpfung sind Gefühle der Zeit. Das liegt daran, "dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen", sagt Christina Beran, Arbeitspsychologin in Wien. Umfragen zeigen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer häufig auch in ihrer Freizeit für den Job erreichbar sind und auch nach Feierabend E-Mails checken. "Der Leistungsdruck steigt."Sich im Job zu verausgaben, sagt Beran, ist zunächst nichts Schlechtes. Tut man es jedoch über einen längeren Zeitraum, macht es krank, wie auch die "Buzzfeed"-Journalistin erfahren hat. "Man muss immer wieder zur Ruhe kommen", so die Psychologin. Wichtig seien regelmäßige Pausen im Arbeitsalltag, am besten stündlich, in denen man eine Runde ums Haus geht, sein Mittagessen auf einer Parkbank isst "oder einfach nur ein Loch in die Luft starrt."Ein Loch in die Luft starrenDas sagt auch Alexandra Schosser, Psychotherapeutin und ärztliche Leiterin des Zentrums für seelische Gesundheit in Wien-Leopoldau. Nach Feierabend und am Wochenende solle man sich, anstatt weiterzuarbeiten, mit Menschen umgeben, die einem guttun, Dinge unternehmen, die einen ablenken. "Bei dem einen ist es vielleicht ein Ausflug in die Natur, der andere nimmt ein langes Bad. Wichtig ist, für sich selbst herauszufinden, wie man am besten abschalten kann." Davon, in der Freizeit einen Termin nach dem anderen auszumachen oder Hochleistungssport zu betreiben, rät Schosser entschieden ab. "Das erzeugt noch mehr Druck." Jenen, die sich schwertun, die Ruhe auszuhalten, empfiehlt Psychologin Beran, "ein wenig in der Wohnung herumzuräumen. Auch das entspannt." Wichtig sind jedenfalls analoge Tätigkeiten. Denn ein Grund, warum sich viele erschöpft fühlen, ist die digitale Reizüberflutung. "E-Mails und Social Media versetzen unser Gehirn in einen ständigen Alarmzustand", sagt Beran. Deshalb: In Leerlaufzeiten, etwa beim Warten auf den Bus, nicht sofort das Handy aus der Tasche holen. Nach der Arbeit solle man, anstatt E-Mails zu checken, das Handy lieber abschalten, "und zwar nicht auf Vibration, sondern wirklich auf Flugmodus". Was ist wirklich wichtig?Schosser empfiehlt außerdem, sich hinzusetzen und aufzuschreiben: "Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Was sind Stressfaktoren für mich im Alltag, wo kann ich reduzieren, weniger machen?" Unwichtiges gilt es radikal von der To-do-Liste zu streichen. Größere Ziele geht man anschließend am besten langsam an. "Nicht alles auf einmal, sondern eines nach dem anderen." Für Erfolg kann man sich ruhig auch einmal selbst loben. Wer sich nicht permanent mit anderen vergleicht und die Ansprüche an sich selbst zurückschraubt, lebt gesünder. "Das Problem ist, dass wir immer perfekt funktionieren wollen, im Job wie im Privatleben", sagt Schosser. "Wir sind aber keine Maschinen, können nicht immer in allen Bereichen hundert Prozent und mehr geben." Oft sind verinnerlichte Muster der Grund für die Überforderung. Sie zu ändern, sei allein schwer, dafür brauche es zumeist die Unterstützung eines Arztes, Psychologen oder Therapeuten. Sie sollte man auch spätestens dann aufsuchen, wenn man nicht mehr ein- und durchschlafen kann, energielos ist und bei der Arbeit unkonzentriert.Bringt man es nicht mehr fertig, zur Post oder zum Schuster zu gehen: Dann ist es ebenfalls höchste Zeit, sich professionelle Hilfe holen, sagen die Expertinnen. Sonst geht bald gar nichts mehr. - derstandard.at/2000097824392/Rezepte-gegen-Millennial-Burnout
Beruflich wie privat permanent an der Grenze seiner Kräfte zu sein: Das kennen viele. Was tut man, wenn man merkt, dass alles zu viel wird?Einen Brief zur Post bringen, einen Arzttermin ausmachen, Schuhe zum Schuster bringen: Selbst für diese kleinen Aufgaben könne sie keine Energie aufbringen, weil sie sich von der Arbeit ausgebrannt fühle, schrieb die Journalistin Anne Helen Petersen im Jänner auf dem US-Medienportal "Buzzfeed". Sie sprach damit offenbar vielen aus der Seele: Der Artikel wurde in den sozialen Medien tausendfach geteilt. Überforderung und Erschöpfung sind Gefühle der Zeit. Das liegt daran, "dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen", sagt Christina Beran, Arbeitspsychologin in Wien. Umfragen zeigen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer häufig auch in ihrer Freizeit für den Job erreichbar sind und auch nach Feierabend E-Mails checken. "Der Leistungsdruck steigt."Sich im Job zu verausgaben, sagt Beran, ist zunächst nichts Schlechtes. Tut man es jedoch über einen längeren Zeitraum, macht es krank, wie auch die "Buzzfeed"-Journalistin erfahren hat. "Man muss immer wieder zur Ruhe kommen", so die Psychologin. Wichtig seien regelmäßige Pausen im Arbeitsalltag, am besten stündlich, in denen man eine Runde ums Haus geht, sein Mittagessen auf einer Parkbank isst "oder einfach nur ein Loch in die Luft starrt."Ein Loch in die Luft starrenDas sagt auch Alexandra Schosser, Psychotherapeutin und ärztliche Leiterin des Zentrums für seelische Gesundheit in Wien-Leopoldau. Nach Feierabend und am Wochenende solle man sich, anstatt weiterzuarbeiten, mit Menschen umgeben, die einem guttun, Dinge unternehmen, die einen ablenken. "Bei dem einen ist es vielleicht ein Ausflug in die Natur, der andere nimmt ein langes Bad. Wichtig ist, für sich selbst herauszufinden, wie man am besten abschalten kann." Davon, in der Freizeit einen Termin nach dem anderen auszumachen oder Hochleistungssport zu betreiben, rät Schosser entschieden ab. "Das erzeugt noch mehr Druck." Jenen, die sich schwertun, die Ruhe auszuhalten, empfiehlt Psychologin Beran, "ein wenig in der Wohnung herumzuräumen. Auch das entspannt." Wichtig sind jedenfalls analoge Tätigkeiten. Denn ein Grund, warum sich viele erschöpft fühlen, ist die digitale Reizüberflutung. "E-Mails und Social Media versetzen unser Gehirn in einen ständigen Alarmzustand", sagt Beran. Deshalb: In Leerlaufzeiten, etwa beim Warten auf den Bus, nicht sofort das Handy aus der Tasche holen. Nach der Arbeit solle man, anstatt E-Mails zu checken, das Handy lieber abschalten, "und zwar nicht auf Vibration, sondern wirklich auf Flugmodus". Was ist wirklich wichtig?Schosser empfiehlt außerdem, sich hinzusetzen und aufzuschreiben: "Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Was sind Stressfaktoren für mich im Alltag, wo kann ich reduzieren, weniger machen?" Unwichtiges gilt es radikal von der To-do-Liste zu streichen. Größere Ziele geht man anschließend am besten langsam an. "Nicht alles auf einmal, sondern eines nach dem anderen." Für Erfolg kann man sich ruhig auch einmal selbst loben. Wer sich nicht permanent mit anderen vergleicht und die Ansprüche an sich selbst zurückschraubt, lebt gesünder. "Das Problem ist, dass wir immer perfekt funktionieren wollen, im Job wie im Privatleben", sagt Schosser. "Wir sind aber keine Maschinen, können nicht immer in allen Bereichen hundert Prozent und mehr geben." Oft sind verinnerlichte Muster der Grund für die Überforderung. Sie zu ändern, sei allein schwer, dafür brauche es zumeist die Unterstützung eines Arztes, Psychologen oder Therapeuten. Sie sollte man auch spätestens dann aufsuchen, wenn man nicht mehr ein- und durchschlafen kann, energielos ist und bei der Arbeit unkonzentriert.Bringt man es nicht mehr fertig, zur Post oder zum Schuster zu gehen: Dann ist es ebenfalls höchste Zeit, sich professionelle Hilfe holen, sagen die Expertinnen. Sonst geht bald gar nichts mehr. - derstandard.at/2000097824392/Rezepte-gegen-Millennial-Burnout

Studie: Spiritueller Glaube kann vor Depression schützten


New York (USA) – Spirituelle Glaubensvorstellungen könnten – das zeigt eine u.a. auf früheren Untersuchungsergebnisse aufbauende aktuelle Studie – das menschliche Gehirn vor Depressionen schützen, zeigt sie doch eine sonderbare Verbindung zwischen religiösen Vorstellungen und der Dichte der sog. Weißen Substanz im Gehirn.

Schon frühere Studie (1, 2) legen nahe, dass die Tendenz zu Depressionen zu einem bestimmten Grad auf unsere Gene zurückgeführt werden kann: So zeigen Studien, dass sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch später einmal unter Depressionen leidet, verdoppeln oder gar vervierfachen kann, wenn beide Elternteile selbst auch schon depressiv waren. Zugleich zeigen die Studien aber auch, dass selbst bei genetischer Vorbelastung nicht jeder auch tatsächlich Depressionen entwickelt und sich Depressionen auch bei Menschen entwickeln können, die familiär überhaupt nicht vorbelastet sind. Es muss also noch weitere Faktoren geben, zu denen – das zeigt die aktuelle Studie – vielleicht auch die religiös-spirituellen Ansichten einer Person zählen.
Schon 2005 zeigte eine Studie, dass Religion offenbar wie eine Art Puffer gegenüber Depressionen wirken kann. Zudem zeigte eine andere Studie von 2013, dass Depressionspatienten mit einem festen Gottesglauben, deutlich bessere Behandlungsergebnisse erzielten, als andere.
 
Mit auf MRT basierenden neuralen Bildgebungsverfahren haben die Forscher um Dongrong Xu vom Department of Psychiatry an der Columbia University nun die Weiße Hirnsubstanz von 99 Studienteilnehmern mit jeweils unterschiedlichen Graden familiären Risikos für Depressionen visuell quantifiziert.
Hintergrund
Die Weiße Substanz (Substantia alba) bezeichnet jene Anteile des zentralen Nervensystems, die überwiegend aus Leitungsbahnen bzw. Nervenfasern bestehen und somit vornehmlich Nervenzellfortsätze enthalten. Diese werden der sog. Grauen Substanz als jenen Anteilen  gegenübergestellt, die vornehmlich Nervenzellkörper enthalten und beispielsweise aus Kernen bzw. Kerngebieten bestehen. Die schon makroskopisch sichtbare weiße Färbung entsteht durch umhüllende Gliazellen bzw. die Myelinscheiden der Nervenfasern.
In früheren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass eine Ausdünnung diese Weißen Substanz ein Biomarker für Depressionen im Hirn sein kann. Zugleich zeigte eine Studie von 2014, dass ein religiöser oder spiritueller Glaube bei Menschen mit dichterer Hirnrinde in verschiedenen, auch mit Depression assoziierten Hirnregionen einherzugehen scheint.
Die Ergebnisse der aktuell im Fachjournal „Brain and Behaviour“ (DOI: 10.1002/brb3.1209) veröffentlichten Studie stützen diese früheren Beobachtungen, zeigen sie doch, dass die Gehirne von Menschen mit einem erhöhten familiären Depressionsrisiko zugleich aber mit innigen spirituellen Glaubensvorstellungen viel eher jenen Gehirnen von Menschen mit einem niedrigen Risiko gleichen.
„Wir haben entdeckt, dass der Glaube an die Wichtigkeit von Religion oder Spiritualität mit einer dickeren Hirnrinde in bilateralen parietal (Scheitellappen) und okzipitalen (Hinterkopf) Regionen einhergehen“, so die Wissenschaftler und führen dazu weiter aus: „Wie wir schon zuvor zeigen konnten, ist die Ausdünnung dieser Substanz ein stabiler Biomarker für ein Depressionsrisiko, weshalb wir vermuten, dass die dickere Hirnrinde bei jenen Personen mit einem verstärkten spirituell-religiösen Glauben, als eine Art ausgleichenden Schutzmechanismus darstellen kann.“

Wie und warum sich ein inniger Glaube als Schutzmechanismus auswirken soll, können die Autoren der Studie derweil noch nicht sagen. Es sind also noch weitere Untersuchungen und replizierende Studien notwendig, um eine über die zumindest interessanten vergleichenden Beobachtungen hinaus belastbare direkte Verbindung zwischen Glaube und dem beschriebenen neurophysiologischen Mechanismus zu untermauern.

Quelle: https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/studie-spiritueller-glaube-kann-vor-depression-schuetzten20190212/