Samstag, 3. November 2018

Erstmals drei Formen von Depression unterschieden - bei einer hilft kein Medikament

 

Japanische Forscher haben erstmals in einer wissenschaftlich fundierten Studie untersucht, ob es verschiedene Arten von depressiven Störungen gibt. Tatsächlich konnten sie drei Depressions-Typen unterscheiden. Einer davon schlägt nicht auf die gewöhnlichen Medikamente an.
Etwa vier Millionen Deutsche leiden an einer depressiven Störung. Weltweit sind es mehr als 300 Millionen. Als depressiv gilt, wer über einen längeren Zeitraum unter schwerem Stimmungstief leidet. Betroffene können sich in der Regel nicht selbst aus dem Loch befreien und rutschen stattdessen über Wochen, Monate oder Jahre immer tiefer hinein.
Die Symptome können dabei vollkommen unabhängig von äußeren Umständen wie Schicksalsschlägen, persönlichen Problemen oder Stress auftreten. Betroffene fühlen die Leere tief in sich, sind hoffnungs- und antriebslos und haben meist Schwierigkeiten, sich aus dem Bett zu schälen. Häufig kommen mit einer Depression auch körperliche Symptome wie Kopf- oder Magenschmerzen, eine verringerte Libido oder Schlafstörungen.

Bei Depressiven ist der Hirnstoffwechsel aus dem Gleichgewicht geraten

Als Grund für diese gravierenden Veränderungen haben Forscher bereits nachgewiesen, dass bei depressiven Menschen der Stoffwechsel im Gehirn durcheinander geraten ist. Mindestens einer der beiden Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin liegt nicht in der optimalen Konzentration vor. Infolge dessen können die Nervenzellen nicht mehr richtig miteinander kommunizieren und Impulse zwischen Hirnzellen nicht mehr richtig übertragen werden.
Heutzutage können depressive Störungen recht gut behandelt werden. Wer sich dazu aufrafft, einen Fachmann aufzusuchen, kann mit den richtigen Therapiemethoden in den meisten Fällen sogar vollständig geheilt werden.

30 Prozent der Patienten profitieren nicht von Antidepressiva

Neben Psychotherapien kommen häufig auch Medikamente zum Einsatz, zumindest zeitweise. Sogenannte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer zählen zu den am meisten verschriebenen Antidepressiva. Sie sollen helfen, den Botenstoff Serotonin im Gehirn wieder ins Lot zu bringen. Im Großteil der Fälle ist die Behandlung auch erfolgreich. Aber bei etwa 30 Prozent der Patienten bewirken die Medikamente keine Besserung.
Warum das so ist, war den Wissenschaftlern bisher ein Rätsel. Japanische Forscher könnten der Lösung nun allerdings ein großes Stück nähergekommen sein.
„Dies ist die erste Studie, die Unterarten von Depressionen anhand der Lebensgeschichte und Kernspin-Daten identifiziert“, erklärte Kenji Doya vom Okinawa Insitut für Wissenschaft und Technologie. Er suchte mit einem Team aus Wissenschaftlern nach neuen Ansätzen in der Depressionsforschung.

Für ihre Studie untersuchten Forscher Lebenssituationen und Hirnscans

An ihrer Studie nahmen 67 Menschen mit depressiver Störung teil, weitere 67 Menschen ohne Depressionen bildeten die Kontrollgruppe. Die Forscher testeten die 134 Teilnehmer im MRT, ließen sie klinische Fragebögen ausfüllen und untersuchten sie nach mehr als 3000 unterschiedlichen Kennzeichen für Depressionen.
Im Kernspin untersuchten die Forscher die funktionelle Konnektivität im Gehirn der Probanden. Schon an diesem Punkt konnten sie zwei Gruppen unterscheiden: eine Gruppe, bei der die funktionelle Konnektivität eher niedrig war, sie nannten sie die D3-Gruppe; und eine, bei der sie gut funktionierte. Diese konnten die Forscher noch einmal in zwei Untergruppen teilen: eine, die in ihrer Kindheit Opfer von Misshandlungen wurde und Traumata davontrugen, die Forscher nannten sie die D1-Gruppe, und eine Gruppe, die keine Kindheitstraumata erlitten hat, die sie die D2-Gruppe nannten.

Medikamente wirkten nur bei zwei der drei Gruppen

Sie stellten fest, dass die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer nur bei zwei der Gruppen wirkten. Offensichtlich ist die D3-Gruppe eine davon, aber auch bei den Betroffenen ohne Störung der Verbindungen zwischen den verschiedenen Hirnregionen zeigten sie Wirkung: bei denen, die kein Trauma aus ihrer Kindheit mit sich trugen, der D2-Gruppe. Bei der Gruppe mit Kindheitstrauma, der D1-Gruppe, zeigten die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer jedoch keinerlei Wirkung.
„Es wurde schon immer vermutet, dass verschiedene Arten von Depressionen existieren. Sie beeinflussen auch die Effektivität der Medikamente“, erklärt Wissenschaftler Doya dazu.

Weitere Studien sind nötig

Um diese Erkenntnisse zu untermauern und weitere Schlüsse ziehen zu können, bedarf es weiterer Studien mit mehr Teilnehmern. Von der Methodologie versprechen sich die Forscher jedoch bereits einiges und hoffen, Gesundheitswissenschaftlern damit eine neue Leitlinie an die Hand geben zu können, anhand derer sie die Komplexität von Depressionen besser verstehen und ihre Patienten eindeutiger zuordnen können.

Quelle: https://www.focus.de/gesundheit/news/ursache-liegt-nicht-nur-im-gehirn-erstmals-drei-formen-von-depression-unterschieden-eine-ist-immun-gegen-medikamente_id_9844492.html

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