Samstag, 20. Juli 2019

EZB-Mitarbeiter prangern Missstände an


Immer wieder sorgt die Personalpolitik in der Europäischen Zentralbank für Kritik. Nun rechnen Arbeitnehmervertreter mit Präsident Mario Draghi ab – und hoffen auf Besserung unter Christine Lagarde.


Christine Lagardes Wechsel an die Spitze der Europäischen Zentralbank weckt allerorten Begehrlichkeiten. An den Finanzmärkten, die ihre Nominierung für die Nachfolge von Mario Draghi mit Kurssprüngen feierten, weil sie eine Fortsetzung der Nullzinsparty erwarten. Bei den hochverschuldeten Südländern der Eurozone, die in Madame Nullzins eine Verbündete erwarten dürfen. Bei den Sparern, die – wohl vergeblich – auf eine Abkehr von Draghis Politik des billigen Geldes hoffen. Und auch innerhalb der EZB – beklagen doch viele Mitarbeiter Missstände im eigenen Haus.
Die Mitarbeitergewerkschaft IPSO hat ihr Urteil über Draghi jedenfalls gefällt. In einem offenen Brief prangert die „International and Public Services Organisation“, die laut eigenen Angaben rund ein Drittel der EZB-Belegschaft vertritt, Vetternwirtschaft, schlechten Führungsstil und Arbeitsbedingungen an. Es ist eine Abrechnung mit dem Italiener – auch wenn das Schreiben laut Betreff „an die zukünftige Präsidentin/den zukünftigen Präsidenten“ gerichtet ist.
Es datiert von Anfang Juni, also wenige Wochen bevor die EU-Staats- und Regierungschefs die Französin Lagarde zur Nachfolgerin des Italieners Draghis auserkoren haben. Umso hoffnungsvoller gibt sich Carlos Bowles, Vizepräsident der Gewerkschaft IPSO. Lagarde, so der Eindruck des Franzosen aus Gesprächen mit Kollegen beim Internationalen Währungsfonds, kümmere sich entschlossener um die Belange der Belegschaft als Draghi, der in der EZB den Spitznamen „Mister Elsewhere“, Herr Woanders hat. Lagarde bringe sich stärker ein, treffe regelmäßig Mitarbeitervertreter. Er sei zuversichtlich, sagt Bowles, „dass es unter ihr anders sein wird“.

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